Funkkorrespondenz • BRUDER KEMAL • 13.12.2013

Rezension Funkkorrespondenz 13.12.2013

Würdiges Denkmal
Jakob Arjouni: Bruder Kemal
NDR Info Sa 7.12. 21.05 bis 22.00 Uhr

Im Januar dieses Jahres starb der Schriftsteller Jakob Arjouni im Alter von 48 Jahren. Berühmt wurde er vor allem durch seine Krimis um Kemal Kayankaya. Den Privatdetektiv aus Frankfurt am Main hat Arjouni in insgesamt fünf Romanen zu Hauptfigur und Erzähler gemacht. Ende 2012 erschien im Züricher Verlag Diogenes mit „Bruder Kemal“ der letzte Band aus der Reihe, die von dem coolen Ermittler handelt und die Mitte der Achtziger mit „Happy Birthday, Türke!“ ihren Anfang genommen hatte. Alle Kayankaya-Krimis wurden auch als Hörspiele umgesetzt, das letzte hat jetzt der Norddeutsche Rundfunk (NDR) produziert. Die Funkbearbeitung stammt von Alexander Schuhmacher, der auch die Regie führte (Dramaturgie: Henning Rademacher).

Aus einem 240-seitigen Buch ein Hörspiel zu machen, das gerade mal eine knappe Stunde dauern soll, ist eine schwierige Sache, die bei „Bruder Kemal“ jedoch funktioniert. Hier werden die Mittel genutzt, die man von einem guten konventionellen Radiokrimi kennt. Durch die unprätentiöse Machart gelingt es, den Handlungsverlauf gut nachvollziehbar und trotzdem erstaunlich spannend zu präsentieren.

Kemal Kayankaya (Hüseyin Michael Cirpici) hat in dem Krimi, der jetzt auf NDR Info urgesendet wurde, zwei Aufträge zu erfüllen. Er soll auf der Frankfurter Buchmesse den Personenschutz für den marokkanischen Schriftsteller Malik Rashid (Siemen Rühaak) übernehmen. Und außerdem wurde er dringend gebeten, die verschwundene Marieke de Chavanne (Leonie Rainer) ausfindig machen, eine Tochter aus gutem Haus. Beide Aufträge bewältigt Kayankaya zunächst scheinbar mühelos, doch dann läuft alles aus dem Ruder. Malik Rashid, der Drohbriefe ursprünglich nur im Rahmen einer PR-Maßnahme seines Verlags erhielt, wird tatsächlich entführt. Und die andere Auftraggeberin, Mariekes Mutter Valerie de Chavanne (Judith Rosmair), sieht ihre bereits heimgeholte Tochter erneut in Gefahr.

Schuld daran ist der Prediger Scheich Hakim (Wolf-Dietrich Sprenger), der seinen Neffen Erden Abakay (Adam Bousdoukos) aus dem Gefängnis holen will. Dafür soll Kayankaya eine Aussage zurückziehen, die den Neffen des Scheichs belastet. Im Rahmen seiner Ermittlungen hatte der Privatdetektiv die gesuchte Marieke zusammen mit einem toten Freier in der Wohnung ihres vorgeblichen Freundes, eben jenes Erden Abakay, der in Wirklichkeit ein Zuhälter ist, gefunden. Abakay wurde daraufhin von Kayankaya nicht nur bewusstlos geschlagen und gefesselt, sondern steht durch dessen Aussage und erhebliche Beweismanipulation auch unter Mordverdacht. Nach dem Zurückziehen der Aussage kommt es bei der Übergabe des als Geisel genommenen Schriftstellers zum Showdown zwischen Abakay und Kayankaya, den Letzterer nur knapp überlebt.

An der Umsetzung von „Bruder Kemal“ war ein gutes Dutzend Schauspieler beteiligt und dementsprechend lebendig wirken die Dialoge – von Hüseyin Michael Cirpici als Ich-Erzähler gekonnt verbunden, im ruhig raunenden und doch innerlich gespannten Tonfall, den man von einem Privatdetektiv erwartet. Eine zentrale Rolle spricht in dem Hörspiel auch Judith Rosmair als Valerie de Chavanne. Sie und Kayankaya flirten miteinander, was das Zeug hält. Mehr aber auch nicht. Am Ende der Geschichte, nachdem die Erzählfäden zusammengeführt und alle Verbrechen aufgeklärt worden sind, bekommen Kayankaya und seine Lebensgefährtin, die Kneipenwirtin Deborah (Sandra Borgmann), ein Kind.

Irgendwie ist das ein schöner und friedlicher Abschluss der Krimireihe: Kayankaya wird in den ewigen Ruhestand geschickt und verbringt mit Frau und Kind einen beschaulichen Lebensabend in einer Altbauwohnung im Frankfurter Westend. Ob „Bruder Kemal“, wie der Romanheld von Scheich Hakim genannt wird, als Schlussstein der Reihe geplant war oder nicht – die am Hörspiel Beteiligten sind sich des ‘finalen Charakters’ bewusst und setzen dem Schriftsteller Jakob Arjouni ein würdiges Denkmal.
13.12.13 – Rafik Will/FK

This entry was posted on Freitag, Dezember 27th, 2013 at 23:04 and is filed under Preise | Presse. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. Both comments and pings are currently closed.